»Werner Bunz ist der wichtigste Schriftkünstler des 20. Jahrhunderts.«
                        Christian Zwang, Galerist, Hamburg


»In seinen Schriftbildern bemühte sich Bunz zunächst darum, die Schrift aus ihrer Erstarrung zu befreien und als dynamischen Ausgangspunkt für kalligrafische Kompositionen zu verwenden, die ein künstlerisches Eigenleben führen.«
                         Die Welt, 17.1.1980


»Der Schrift als einem `Portrait der Sprache´, vor allem der Erforschung der römischen Schrift, die er im Unterschied zur `linearen´ deutschen Schrift als eine `körperliche´ bezeichnet, hat Bunz gleichsam sein Lebenswerk gewidmet.«
                             Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6.11.1996


»In der Sparte Schrift hat Werner Bunz als Künstler exzelliert und in seinem Werk spricht Schrift die prägende Rolle. Sein Kredo: Schrift war Bild und kehrt zu Bild zurück.«
                          Carl Vogel, Kunstsammler und ehemaliger Präsident
                          der Hochschule für Bildende Künste, Hamburg

BuchstabenKunst – TypArt

Werner Bunz ist vielen als Schriftkünstler bekannt und hat Generationen geprägt u.a. durch seine Arbeit von 1954 bis 1991 als Professor an der Hochschule für bildende Künste Hamburg in der Klasse für Schrift. Weniger bekannt ist sein facettenreiches Lebenswerk. Eine ausgesprochen hohe künstlerische Qualität haben ebenso seine Bilder, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphiken, Skulpturen und Collagen. Werner Bunz entzog sich kurzzeitigen Trends in der freien und bildenden Kunst – er hat mit seinem Werk stets eigene Akzentuierungen gesetzt. Früh fand er einen künstlerischen Schwerpunkt in der Arbeit mit Schrift, die in dieser Ausstellung zentral steht. Sein Umgang mit Schrift und Buchstaben in groß- wie kleinformatigen Zeichnungen, Kalligraphien und auch in Holzschnitten, Radierungen und Lithographien ist exzellent. Werner Bunz ging zahlreichen sehr detaillierten Studien u.a. in der Bibliothek des Vatikans und im Britischen Museum in London nach. 1970 erhielt er den Edwin-Scharff-Preis als Ehrung seines Beitrages für das Kulturleben der Stadt Hamburg.

Die bisher umfassendste Präsentation seines Schaffens wurde im Klingspor-Museum Offenbach für internationale Buch- und Schriftkunst gezeigt. Weitere Ausstellungen waren u.a. in den Hamburger Galerien Alexander Levy und Christian Zwang zu sehen.

                          Eberhard Hartwig
                                Druckgraphik Atelier, Berlin, 2014

Werner Bunz

Versuch einer Annäherung

Hilfreich ist wohl, wenn man weiß, dass Werner Bunz 1926 in Stuttgart geboren wurde, eine Ausbildung an der Akademie der Künste in Stuttgart genoss, eine Lehre als Schrift und Stempelschneider in Frankfurt absolvierte und Professor für Schrift und Malerei an der Akademie der Künste in Hamburg war.


Er starb 2009 in Hamburg.

Rupert Gredler

Ich glaube nämlich, dass das Wort Vielfalt alleine diesem so speziellen und außergewöhnlichen Gesamtwerk keineswegs gerecht wird. Vielmehr scheint mir dem Werk ein großes Anliegen unterlegt, welches ich herauszuschälen versuche:

Wir benennen unsere Umgebung, Menschen, Tiere, Dinge, um ihrer habhaft zu werden, uns ihrer zu versichern, mit ihnen in Beziehung zu treten. Die Mittel dazu sind Sprache & Schrift, ihre kleinsten Einheiten sind die Buchstaben. Wenn Werner Bunz nun, und das unterstelle ich ihm (wie jedem Künstler eigentlich), ästhetisch, gestalterisch in unsere Welt eingreifen möchte, - was liegt da näher, als die kleinsten sprachlichen, schriftlichen Einheiten nach seinen Vorstellungen zu formen ohne das rigide Regelwerk der Schrift und der Sprache zu verletzen. Dieses Tun gebiert die Hoffnung, dass er damit auch das große Ganze gestalten und nach seinen Vorstellungen und Ideen formen kann. Mit einer großen Einschränkung: Er kann zwar eine Idee (etwa die Idee eines Stuhles) in Schrift und Sprache in ästhetischer Art und Weise im Gegenüber erzeugen, aber er kann sich nicht sicher sein, ob das Gegenüber, eben der Benutzer der Sprache & Schrift, eine Idee des Stuhles entwickelt, die seiner Vorstellung entspricht. Somit unterstelle ich Werner Bunz zum zweiten, dass er die Sprache & Schrift zwar faszinierend aber eben auch einschränkend konstruktiv und emotional nicht ausreichend empfunden hat. Wer würde da nicht, wenn die Begabung vorhanden, auf eine umfassendere Schrift & Sprache und zwar die der Bilder, zurückgreifen. Diese Sprache & Schrift kennt als kleinste Einheiten Farbe und Linie und wer damit umzugehen versteht, dem eröffnet sich nicht nur eine Sprache & Schrift, sondern eine ganze Fülle, die Sprachen, die, die schon existieren und die, die noch entstehen. Und das sind die Bildsprachen. Ich glaube, genau das war das Anliegen von Werner Bunz. Menschen und Dinge seiner Umgebung, seine Umwelt in verschiedenen Bildsprachen zu benennen, um sicher zu gehen, alle Facetten seiner Umgebung auszuleuchten, der Umwelt habhaft zu werden, mit ihr in Beziehung zu treten und seine Idee der Welt zu zeigen. Warum sollte jemand sonst sich der Idee des Stuhles einmal mit einer
impressionistischen, einmal mit einer realistischen und einmal mit einer dadaistischen Bildsprache nähern wollen. Denn wer kann schon sagen, in welcher Bildsprache ich näher an das Ding herankomme. Oder an den Menschen. Diese Vorgangsweise ist einzigartig und macht ihn zum Stromaufwärtsschwimmer in seiner, unserer Branche. Uns Künstlern wird in jeder Kunstschule eingehämmert, eine eigene, wiedererkennbare Sprache, bzw. Handschrift zu entwickeln, um nur ja nicht in die Nähe eines anderen Künstlers zu geraten. Das war nicht zu jeder Zeit so. Das scheint Werner Bunz einen Dreck gekümmert zu haben und das wird es wohl auch sein, was sein Werk überleben lässt. Sonst hätte er sich nicht so ungeniert in Picassos Nähe begeben. Oder auch in Dada-Nähe, wie bei vielen seiner Collage. Sonst hätte er nicht so selbstverständlich Ernst Ludwig Kirchner oder Otto Müller auf die Schulter geklopft und geraunt: Ich verstehe eure Sprache und ich spreche sie auch.

Ich bin mir sicher, dass man das erstaunliche Werk von Werner Bunz unter diesem linguistischen Aspekt aufnehmen kann. Aus der Linguistik wissen wir, dass das Denken die
Sprache prägt. Dass aber auch die Sprache, wenn sie denn ausformuliert ist, auf das Denken zurückschlägt. Radikal formuliert heißt das: Wir können nur das denken, was unsere Sprache & Schrift zulässt. Übertragen auf Werner Bunz bedeutet das folgendes:

Wer weiß schon, ob der Impressionismus z.B. der Idee des Stuhles genügt. So bleibt Werner Bunz gar nichts anderes übrig als die Bildsprache zu wechseln und zu versuchen, ob nicht etwa ein realistischer Zugang oder ein dadaistischer weiter an seine Idee der Welt heranführt. Das scheint mir Ausdruck eines ungeheuer starken Kunstwollens zu sein, dem das Prinzip Schrift & Sprache unterlegt ist. Und dieser Zugang ist faszinierend. Ganz zu schweigen von dem, was uns Werner Bunz zwischen den Zeilen vermittelt, was weder die Aussagenlogik noch die Prädikatenlogik der Bildsprachen entschlüsseln können – die oft vulkanhafte Emotionalität seines Werks.

                          Rupert Gredler
                                Maler, Zeichner, Graphiker
                                Salzburg, 2016